Woran denkt man beim Begriff „Innovationen“? Sicherlich kommen einem schnell Startups oder innovative KMU in den Sinn, die diese Innovationen bereitstellen könnten. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn Ausschreibungen derart gestaltet werden, dass diese überhaupt eine Chance haben, sich daran zu beteiligen.

Warum überhaupt mit Startups zusammenarbeiten?

Unter Startups versteht man junge, noch nicht etablierte Unternehmen, die zur Verwirklichung einer innovativen Geschäftsidee mit geringem Startkapital gegründet werden und i.d.R. sehr früh zur Ausweitung ihrer Geschäfte und Stärkung ihrer Kapitalbasis entweder auf den Erhalt von Wagniskapital (Venture Capital) bzw. Startkapital angewiesen sind.

Ziel der innovativen öffentlichen Beschaffung sollte es sein, auch dieses Innovationspotenzial möglichst umfassend auszuschöpfen. In der Privatwirtschaft hat sich die Zusammenarbeit mit Startups bereits durchgesetzt. Der öffentliche Sektor steht hier jedoch noch am Anfang.

Dabei hätte die Beauftragung von Startups durchaus Vorteile: die jungen Unternehmen entwickeln pragmatische, zeitgemäße und moderne Lösungen und können dem öffentlichen Sektor so z.B. bei der fortschreitenden Digitalisierung helfen. Doch nicht nur innovative Dienstleistungen oder IT-Lösungen lassen sich bei Startups beschaffen. Auch weiterentwickelte, nachhaltige und innovative Produkte für Bedarfsträger oder Endkunden können ein Ergebnis der Zusammenarbeit sein.

Nachdem der Bedarf feststeht, sollte sich die Beschaffung im Rahmen der Markterkundung einen Überblick verschaffen und sich fragen, ob es neben bekannten Standardlösungen innovativere Optionen gibt oder ob solche durch eine Modifizierung der bestehenden Lösung erreicht werden könnte. Außerdem wichtig zu wissen: könnte eine passende Lösung rechtzeitig entwickelt werden?

Welche Hürden gibt es bei der Zusammenarbeit mit Startups?

Doch auch wenn diese Argumente deutlich für eine Zusammenarbeit mit Startups sprechen, gelingt dies in der Praxis noch nicht überall. Sowohl Beschaffer auf der einen als auch Startups auf der anderen Seite berichten von einigen Hürden, die eine reibungslose Zusammenarbeit erschweren können.

So geben Startups zum Beispiel an, dass bei den Eignungskriterien oftmals sehr hohe Anforderungen an potentielle Bieter gestellt werden (z. B. Mindestumsatz, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit, Personalstamm, Referenzprojekte und Kundenempfehlungen). Auch die oft geforderten Geschäftsberichte aus den letzten Jahren kann ein Startup in der Regel nicht vorweisen. Zudem wird der Anschaffungspreis oft sehr hoch gewichtet – und dies meist zulasten anderer, z. B. innovations- oder umweltbezogener Kriterien.

Auf der Nachfrager-Seite sind geeignete, rechtssichere Instrumente zur Beschaffung von innovativen Produkten oft nur wenig bekannt und häufig fehlen Kompetenzen, geeignete Hilfsinstrumente und personelle Ressourcen zur Durchführung einer umfassenden Markterkundung. Bei der Erstellung von Leistungsbeschreibungen fließen dadurch häufig veraltete Marktkenntnisse ein.

Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Startups und öffentlichen Auftraggebern besser gelingen?

Doch worauf können öffentliche Auftraggeber konkret bei der Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren achten? Ideal wäre eine umfassende Markterkundung (→ KOINNO-Toolbox) vor der eigentlichen Ausschreibung, z. B. über Anbieter-Plattformen und Datenbanken. Gespräche mit potentiellen Lieferanten im Vorfeld der Ausschreibung bieten die Möglichkeit, infrage kommende neuartige Produkte oder Lösungen kennenzulernen und somit die eigene Marktkenntnis zu aktualisieren.

Die Ausschreibung an sich sollte dann möglichst Startup‐freundlich und innovationstauglich gestaltet werden. Aber wie kann das gelingen? Dazu eignen sich unter anderem die folgenden Instrumente:

 

Funktionale Leistungsbeschreibung:

  • Der Auftraggeber beschreibt nur die Anforderungen an die Funktion der Leistung und überlässt die konkrete Ausgestaltung der Leistung dem Auftragnehmer.
  • Die Bieter können innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens eine Lösung erarbeiten und ein Angebot für die Realisierung unterbreiten.
  • Mehr Flexibilität im Vergabeverfahren, insbesondere wenn die Leistung noch nicht klar definiert werden kann.
  • Durch kreativen Spielraum können innovative Konzepte entstehen.


Aufteilung großer Aufträge in kleinere KMU-freundliche Fachlose:

  • Die Aufteilung von Aufträgen in einzelne „Fachlose“ und „Teillose“ schafft Möglichkeiten für Bieter mit geringeren operativen Kapazitäten.
  • Die Bindung an eine bestimmte Technologie kann reduziert werden.
  • Insbesondere innovationsorientierte Start-ups können hiervon profitieren.


Vermeidung von zu restriktiven Eignungskriterien:

  • Trotz fehlender Referenzen und Umsatzberichte können Startups über die für den Auftrag erforderlichen Kapazitäten verfügen und unter Umständen bessere und wirtschaftlichere Lösungen anbieten.
  • Der geforderte Mindestumsatz darf das Zweifache des Auftragswertes nicht überschreiten.
  • Eine Erklärung über den Umsatz der letzten drei Geschäftsjahren darf der Auftraggeber nur verlangen, sofern entsprechende Angaben bei dem Unternehmen verfügbar sind.
  • Überzogene Anforderungen an die Personalstärke oder Qualifikation des Personals sind unzulässig.

Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/vgv_2016/__45.html


Zulassen von Nebenangeboten:

  • Auftraggeber können Nebenangebote in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung zulassen oder vorschreiben.
  • Innovative Leistungen können stärker berücksichtigt werden.
  • Nebenangebote führen oftmals zu einem Zuwachs an Anbietern und Lösungen.
  • Wettbewerb wird gestärkt.

 

Bestimmte Vergabeinstrumente eignen sich besonders gut, zur Beschaffung von innovativen Produkten oder Dienstleistungen. Dazu zählen u.a.

  • das Verhandlungsverfahren
  • die Vorkommerzielle Auftragsvergabe
  • die Innovationspartnerschaft oder
  • der Wettbewerbliche Dialog

Der Austausch zwischen Beschaffern und innovativen Lieferanten bzw. Startups hat die Potenziale dieser Verfahren aufgezeigt. Auf der einen Seite haben Anbieter bessere Chancen, überhaupt an der Ausschreibung teilzunehmen. Auf der anderen Seite erhält die Beschaffung eine größere Anzahl an Angeboten und mehr innovative Lösungsvorschläge.

 

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