Reallabore sind das neue Instrument zur Forschungs- und Innovationsförderung

Seit 2008/ 2009 strebt die EU-Kommission einen Europäischen Forschungsraum an, in dem Wissenschaftler zu Vernetzung, Austausch und Kooperation über Ländergrenzen hinweg angeregt werden sollen. Zu diesem Zweck wurde das 7. Forschungsrahmenprogramm – auch als Horizon 2020 (H2020) bekannt – konzipiert. Hiermit soll das Ziel erreicht werden, mit Hilfe von wissenschaftlicher Forschung Innovationen zu entwickeln, die zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit beitragen.

Im Rahmen von H2020 werden explizit der Klimawandel, saubere und effiziente Energieversorgung, nachhaltiges Wirtschaften, Überalterung der Gesellschaften und Gesundheitsversorgung genannt. Eine ähnliche Auflistung findet sich in der Hightech-Strategie 2020 der Bundesregierung von 2006, in der auch konkrete Zukunftsprojekte benannt werden.

In der weiterentwickelten Fassung von 2014 werden Reallabore als neues Instrument zur Erprobung von Technologien, Problemlösungen oder Veränderungsprozessen und deren wissenschaftlicher Begleitung erstmals erwähnt und in der Hightech-Strategie 2025 wird ihr Einsatz näher ausgeführt. Insofern sind Reallabore fester Bestandteil der Innovationsförderung in Deutschland. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Dezember 2018 die Reallabor-Strategie verabschiedet  (-> zur Reallabor-Strategie), um Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltungen mehr Freiheiten und Möglichkeiten einzuräumen, dieses Instrument zu nutzen.

 

Reallabore sind Experimentierräume mit Realitätsbezug

Es gibt keine allgemein gültige Definition, was ein Reallabor ist. Das zeigt sich auch darin, dass es unterschiedliche Bezeichnungen wie Innovationsräume, Experimentierräume, T- oder auch transition Labs. Fest steht nur, dass es sich um ein neues Forschungsformat handelt, das Wissenschaft und Praxis miteinander vereint. Was die Bundesregierung und auch das BMWi darunter versteht, ist bereits in der Hightech-Strategie 2020 angedeutet und wird im kürzlich veröffentlichten Handbuch Reallabore des BMWi (-> Zum Handbuch) näher definiert.

Demnach sind Reallabore Testräume für Innovation und Regulierung, die dazu dienen, Erkenntnisse über die Auswirkungen von großen Megatrends wie der digitalen Transformation auf Verbraucher, Wirtschaft und Politik zu gewinnen. Derlei Erprobungspojekte werden von der Wissenschaft begleitet und unterstützt, um mittels wissenschaftlicher Methodik und Instrumenten qualitative Erkenntnisse ableiten zu können. Diese sollen dann für die Entwicklung geeigneter Rechtsnormen und Rahmenbedingungen genutzt werden, um den Einsatz von Innovationen in bestimmten Kontexten zu forcieren.

 

Im Handbuch Reallabore sind bereits existierende Praxisbeispiele aufgeführt

Die Hamburg Port Authority (HPA) untersucht im Projekt HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation) vier Jahre lang voll automatisierte bzw. autonom fahrende, elektrische Kleinbusse im Probebetrieb in der Hamburger Hafencity. In mehreren Projektstufen sollen Erkenntnisse gesammelt werden, die für den Einsatz im städtischen Straßenverkehr wichtig sind.

In der strukturschwachen Region Mittweida soll ein Reallabor zur Erprobung der Blockchain-Technologie entstehen. Als Schaufensterregion soll die Technologie in verschiedenen Kontexten erprobt werden, um Erkenntnisse über deren rechtssicheren Einsatz zu gewinnen. Gleichzeitig soll die Region dadurch wirtschaftlich gestärkt werden. Weiterhin setzt die Stand Lemgo in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IOSB-INA Maßnahmen um, um die Stadt hin zu einer Smart City zu entwickeln. Um Erkenntnisse über den städtischen Verkehrsfluss zu bekommen, mussten entsprechende Aufnahmen gemacht werden, die dann mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ausgewertet werden sollten. Da hierbei sensible Daten erfasst und gespeichert wurden, war eine vorherige Genehmigung notwendig und eine transparente Kommunikation an die Bevölkerung. Weitere Beispiele finden sich im Handbuch und online auf www.bmwi.de.

 

Das BMWi möchte den Austausch und die Vernetzung im Rahmen des Netzwerks Reallabore fördern

Nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ möchte das BMWi ein Netzwerk schaffen, in dem sich alle Akteure über ihre Erfahrungen und ihr Wissen austauschen können. Das erste Treffen findet am 28. August 2019 im BMWi in Berlin statt (-> 1. Treffen Netzwerk Reallabore).