Öffentliche Beschaffungen im Smart-City-Kontext – Worauf es bei Digitalisierungsprojekten ankommt, Bild: Rawpixel.com

Städte, Landkreise und Kommunen stehen vor großen Herausforderungen bei ihrer digitalen Transformation. Es geht dabei um Digitalisierung von städtebaulicher Infrastruktur, bürgernahen Services und Bürgerbeteiligung, eGovernment-Strukturen im Sinne einer digitalen Verwaltung und intermodalen Mobilitätsangeboten, um nur einige Beispiele zu nennen.

Übergeordnete Ziele sind hierbei immer die integrierte, nachhaltige Stadtentwicklung und das Gemeinwohl. Die Bundesregierung unterstützt daher diese Förderziele mit zahlreichen Projekten wie u.a. „Stadt.Land.Digital“ oder „Modellprojekte Smart Cities“. Intelligente Vernetzung und Wissenstransfer spielen hierbei eine zentrale Bedeutung.

Entsprechend komplex gestalten sich die Beschaffungsprojekte für die kleine Landgemeinde ebenso wie für die wachsende Großstadt. Oftmals sind die Fachabteilungen und Digitalisierungsbeauftragten am Tisch, aber nicht die Beschaffungsverantwortlichen. In den kleineren kommunalen Strukturen gibt es teilweise weder eine Vergabestelle und erst recht keine zentrale Einkaufsabteilung. Dann sind die Herausforderungen zur Vorbereitung der Ausschreibung für die Fachabteilungen noch größer. In den frühen Phasen der Bedarfsdefinition und der Leistungsbeschreibung müssen viele Interessenslagen berücksichtigt werden.

 

Übergeordnete Ziele: Wettbewerb, Transparenz, Nichtdiskriminierung, Antikorruption

Das gesamte Beschaffungsvorhaben muss unter die Prämissen von Wettbewerb, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Antikorruption gestellt werden.

Folgende Schritte sollten zur Vorbereitung eines komplexen Beschaffungsvorhabens bedacht werden:

  • Projekt-Kick-off mit allen Stakeholdern, Fachabteilung, Digitalisierungsbeauftragten sowie Beschaffungs-/Vergabestelle
  • Gemeinsam die Projektziele definieren
  • Auftragsgegenstand spezifizieren
  • Beschaffungsvorhaben in Vergabephasen unterteilen und Rollen definieren
  • Auftragswert und Volumina der Teilprojekte ermitteln
  • Vergabekonzept erstellen
  • EU-weite oder nationale Vergabe
  • Vergabeverfahren wählen
  • Meilensteinplan/Zeitstrahl für jedes Verfahren erstellen
  • Juristische Beratung im Projektantrag kostenseitig von Beginn an mit einplanen

 

Empfehlung: Beschaffungs- und Vergabestelle von Beginn an mit am Tisch

Im Smart-City-Kontext sind Stakeholder mit unterschiedlichsten Interessen beteiligt. Treiber dieser Projekte sind meistens die Fachabteilungen in Kooperation mit Hochschulen und Anbietern, die in der Projektantragsphase bereits einen wesentlichen Input liefern. Von Beginn an sollte hierbei auf Transparenz geachtet werden, indem Unternehmen, die am Projektantrag mitgewirkt haben, als Unterauftragnehmer benannt werden.

Die Arbeitsteilungen und Rollen in den Projektphasen werden dabei in einem Vergabekonzept eindeutig definiert und die generierten Ideen bzw. das Anbieter-Wissen sorgsam transparent dokumentiert. Aus den vorab definierten Teilprojektphasen sollte für alle klar ersichtlich sein, ab wann ein vergaberechtlich relevanter Abschnitt beginnt. Daher ist es unerlässlich, dass die Beschaffungs- und Vergabestelle von Beginn an in das Vorhaben eingebunden wird.

Generell empfiehlt KOINNO, Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen auszuschreiben. Hierdurch können die Vorteile mehrerer Konzepte ausgeschöpft werden, um die innovativsten Lösungen zu finden und Wettbewerb unter den Anbietern herzustellen.

 

Die Markterkundung als erster Schritt

Der erste Schritt zur Vorbereitung ist die Markterkundung. Der Markterkundung und Vorabinformation des Marktes kommen eine zentrale Bedeutung zu, um mögliche Anbieter zu identifizieren und den Markt umfassend zu analysieren. Der Fokus sollte nicht zu früh auf einzelne Unternehmen verengt werden, sondern darauf ausgerichtet sein, ausreichend Wettbewerb im Beschaffungsverfahren herzustellen.

Die Kommunikation mit den Beschaffungsmärkten kann auf unterschiedliche Weise gestaltet werden. Hierbei bietet sich als Erstes ein Interessenbekundungsverfahren im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (Tenders Electronic Daily, TED) an, um den Markt vorab über den Bedarf zu informieren. Im Anschluss kann die Problemstellung in einen wettbewerblichen Dialog oder ein anderes Vergabeverfahren mit Dialog eingegeben und gemeinsam mit der Industrie entwickelt werden. Dieses Verfahren bietet Raum für Kreativität, Kommunikation, Entwicklung und Innovation.

 

PCP-Verfahren: Wenn der Bedarf noch nicht beschrieben werden kann

Smart-City-Projekte beinhalten u.a. die Beschaffung von stadtplanerischen, IT- und Projektmanagementleistungen. Besonders im IT-Umfeld ist der konkrete Auftragsgegenstand oftmals noch nicht beschreibbar und muss daher erst gemeinsam mit den Anbietern entwickelt werden. Idealerweise werden Prototypen bei mehreren Lieferanten beauftragt, um die innovativste und passendste Lösung zu finden.

Zum Ende der Lösungserprobungsphase sollten gemäß des Wettbewerbsgebots noch mindestens zwei Anbieter beteiligt sein. Das innovative Verfahren „Pre-Commercial-Procurement“ (PCP) – Vorkommerzielle Auftragsvergabe –  kann einer der Wege hierfür sein, wie auch das mehrstufige offene Verhandlungsverfahren.

Der PCP/PPI-Prozess

Quelle: KOINNO

Ablauf eines PCP-Projekts

Quelle: KOINNO

 

Fazit: Erfolgsfaktoren für innovative Beschaffungsvorhaben

Die Ausgangssituationen sind sehr unterschiedlich. Die Häuser haben verschiedene Fragestellungen und Anforderungen in den jeweiligen komplexen Beschaffungsprojekten. Existiert keine Vergabestelle, stellt das an die Projektverantwortlichen weitere Herausforderungen.

KOINNO empfiehlt bei innovativen Beschaffungsvorhaben:

  • Juristische Beratung hinsichtlich Vergabe- und Vertragsrecht sollte kostenseitig in der Projektbudgetplanung und Antragstellung von Beginn an berücksichtigt werden.
  • Es ist unerlässlich, ein Vergabekonzept mit Meilensteinplan und Zeitstrahl für jedes einzelne Verfahren zu erstellen.
  • Personen, die später das Vergabeverfahren zu verantworten haben, sollten von Beginn an mit am Tisch sein.
  • Unternehmen, die am Projektantrag mitgewirkt haben, vergaberechtlich einwandfrei im Antrag als Unterauftragnehmer benennen.
  • Transparenz schaffen über Interessenbekundungsverfahren mit Vorabinformation des Marktes und sorgfältige Dokumentation.
  • Nichtdiskriminierung in der Markterkundung sicherstellen über ein Standard-Fragen-Set.
  • Wettbewerb fördern über das geeignete Verfahren und die vorherige umfassende Marktkonsultation.

 

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