Das Energiespar-Contracting (kurz ESC) ist eine Methode für mehr Energieffizienz und Kostensenkung bei bestehenden Gebäuden. Ursel Weißleder von der Deutschen Energie-Agentur (dena) erklärt im Interview das Verfahren und warum es für Kommunen und Gemeinden vorteilhaft ist.

Frau Weißleder, Seniorexpertin Energieeffiziente Gebäude bei Deutsche Energie-Agentur (dena)

KOINNO im Interview mit Ursel Weißleder, Seniorexpertin der Deutschen Energie-Agentur (dena) zum Thema Energiespar-Contracting

 

KOINNO: Frau Weißleder, Sie sind Ingenieurin und seit drei Jahren für das Thema Energieeinspar-Contracting (kurz ESC) bei der Deutschen Energie-Agentur (dena) verantwortlich. Warum ist das Thema wichtig?

Weißleder: Für das Gelingen der Energiewende und die Reduzierung von CO2-Emissionen ist die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden äußerst wichtig: Bis 2050 soll der Primärenergiebedarf in diesem Bereich um 80 Prozent reduziert werden. Allein Deutschlands Städte und Gemeinden verfügen über rund 175.000 Nichtwohngebäude und geben pro Jahr ca. vier Milliarden Euro für die Wärme- und Stromversorgung ihrer Liegenschaften aus. Hier ist also ausreichend Potenzial vorhanden!

Das beweisen 19 evaluierte Projekte in Bundesliegenschaften, die eine durchschnittliche Einsparung von rund 30 Prozent der Energiekosten erzielt haben und infolgedessen alle wirtschaftlich sind und aktiv zum Klimaschutz beitragen!

 

KOINNO: Und wie funktioniert das ESC nun eigentlich?

Weißleder: Beim Energiespar-Contracting wird ein Energiedienstleister – der sogenannte Contractor – beauftragt, individuell auf ein Gebäude zugeschnittene Effizienzmaßnahmen zu planen und durchzuführen, so dass der Energieverbrauch langfristig gesenkt und Energiekosten eingespart werden.

Der Grundgedanke besteht darin, dass der Contractor aufgrund seiner technischen Kompetenz und seiner Erfahrung in der Lage ist, eine Einsparung gegenüber dem bisherigen Betrieb zu garantieren und notwendige Investitionen, Gewinne und Kapitalkosten ausschließlich aus diesem garantierten Einsparbetrag zu finanzieren. Dazu wird basierend auf Abrechnungen und Messungen der aktuelle Stand erhoben (sog. Baseline), die dann als Grundlage für die Effizienzsteigerung verwendet wird.

Beim ESC ist also nicht die Investition in eine neue Energieerzeugungsanlage, wie dies beim Energie-Liefercontracting (ELC) der Fall ist, sondern die Senkung des Energieverbrauchs  – zum Beispiel durch die Optimierung der Energieverteilung und -nutzung – Gegenstand der Dienstleistung. Sie ist dementsprechend anhand konkreter Leistungskriterien zu beschaffen und zu vergüten, was auch als leistungsbasierter Vertrag bezeichnet wird.

dena Grafik Funktionsweise des Energiespar-Contracting

KOINNO: Wenn aber eine Leistung ausgeschrieben wird, wie wirkt sich dies auf die Vorbereitung und den Vergabeprozess aus?

Weißleder: Der erste Schritt ist, geeignete Liegenschaften auf Grund von Voruntersuchungen zu identifizieren und auszuwählen. Auch Zielsetzungen im Rahmen von Klimaschutzplänen und ähnlichen Instrumenten sollten berücksichtigt werden. Die erhobenen Informationen zum Gebäude (oder zu Gebäudepools) sind wesentlich für die Ausschreibung und das weitere Vorgehen im Vergabeprozess.

In der Regel wird das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb als Vergabeverfahren gewählt, wobei das von verschiedenen Faktoren abhängt. Die dena hat dazu einen Leitfaden mit ausführlichen Hintergrundinformationen als Hilfestellung für die öffentlichen Auftraggeber erstellt. 

 

KOINNO: Gibt es Beispiele, in denen das ESC bereits erfolgreich umgesetzt wurde?

Weißleder: Contracting-Aktivitäten gibt es bei der dena bereits seit dem Jahr 2002, bspw. bei der Begleitung von ESC -Projekten in Bundesliegenschaften. Im Jahr 2010 wurde das Kompetenzzentrum für Contracting gegründet, um die Aktivitäten zu bündeln sowie die Bildung von Netzwerken und der Beratung zu stärken. Es gibt eine Projektdatenbank für umgesetzte ESC-Projekte, in der über 30 Praxisbeispiele zu finden sind.  

Derzeit läuft die Bewerbungsphase, um bis Ende 2021 weitere ESC-Projekte in Kommunen und Landesliegenschaften zu initiieren und umzusetzen. Diese Modellprojekte werden eng von der dena begleitet und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert werden.

KOINNO: Frau Weißleder, vielen Dank für das Gespräch.

 

Zur Projekthomepage (Modellvorhaben)

 

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