Die Analyse entstand in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum für Recht und Management öffentlicher Beschaffung (Universität der Bundeswehr München) und stammt aus dem Jahr 2017. Im Folgenden werden die neun Kernergebnisse der TED-Analyse beschrieben.

 

1. Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf Basis der Wirtschaftlichkeit ist in den letzten Jahren rückläufig, eine Zunahme des Preiskriteriums ist zu verzeichnen

In Deutschland wurden im Jahr 2016 49% aller Ausschreibungen im Oberschwellenbereich über das Wirtschaftlichkeitskriterium und 47% über den Anschaffungspreis vergeben. Dabei ist seit dem Jahr 2013 eine erhebliche Zunahme des Preiskriteriums von vormals 36% auf 47% zu verzeichnen, obwohl in §127 GWB, der §58 VgV und §43 der neuen UVgO der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot explizit gefordert wird.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass in Deutschland ein vergleichsweise niedriger Prozentsatz aller Ausschreibungen auf Basis der Wirtschaftlichkeit vergeben wird. Ein Großteil der EU-Länder vergibt mind. 70% der öffentlichen Aufträge auf Basis der Wirtschaftlichkeit. Zudem konnten Länder wie Polen oder Österreich in den letzten Jahren den Anteil der Wirtschaftlichkeit als Zuschlagskriterium signifikant steigern, wohingegen in Deutschland wieder mehr Fokus auf den Anschaffungspreis gelegt wird.

 

2. Die Anwendung der Lebenszykluskostenrechnung hat sich in den letzten Jahren verfünffacht, bleibt aber auf einem niedrigen Niveau

Lebenszykluskosten sind ein wichtiges Werkzeug der innovativen öffentlichen Beschaffung, da sie unter Einbeziehung aller Kosten über den Produktlebenszyklus (Anschaffung, Nutzung, Entsorgung / Weiterverkauf), dabei helfen die zumeist höheren Anschaffungspreise innovativer Lösungen durch geringere Kosten in der Nutzung wieder auszugleichen. Dies kann letztlich den Ausschlag für die Bezuschlagung einer innovativen Lösung geben.

Die Anwendung der Lebenszykluskosten als Zuschlagskriterium im Oberschwellenbereich, hat sich von 5 Anwendungen im Jahr 2014 auf voraussichtlich knapp 30 Anwendungen im Jahr 2017 ungefähr verfünffacht. Im Vergleich zur Gesamtzahl aller öffentlicher Ausschreibungen (2016: ca. 32.000) bedeutet dies allerdings weiterhin ein sehr niedriges Niveau. Durch die bessere Verankerung der Lebenszykluskosten in der 2016 eingeführten VgV, sollte sich die Anwendung allerdings in den nächsten Jahren weiter signifikant erhöhen und somit auch die innovative öffentliche Beschaffung weiter vorantreiben.

Weiterhin ist zu erwähnen, dass die Bundesländer Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 17 und Hessen mit insgesamt 9 Anwendungen Vorreiter in diesem Zusammenhang sind.

 

3. Die Lebenszykluskostenrechnung wird erwartungsgemäß zum Großteil in den Warengruppen der Straßenfahrzeuge und der energieverbrauchsrelevanten Waren / technischen Ausrüstung angewendet

§68 der VgV schreibt die Anwendung der Lebenszykluskostenrechnung im Zuge der Beschaffung von Straßenfahrzeugen vor und in §67 VgV wird dieser Sachverhalt auch für energieverbrauchsrelevante Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen gefordert. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass die genannten Produktgruppen den Großteil der aktuellen Anwendungsfälle der Berücksichtigung von Lebenszykluskosten als Zuschlagskriterium auf sich vereinen.

 

4. Es gibt Anwendungsfälle für Innovationspartnerschaften und Wettbewerbliche Dialoge, insgesamt bewegt sich die Praxisdurchdringung allerdings auf einem niedrigen Niveau

Die Anwendung besonders innovationsförderlicher Vergabeverfahren, genauer der Innovationspartnerschaft und dem Wettbewerblichen Dialog, bewegt sich mit 2 bzw. 54 Fällen (2016) auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Allerdings ist auch anzumerken, dass die Innovationspartnerschaft erst im Jahr 2016 mit der neuen VgV eingeführt wurde.

 

5. Die Zulassung von Nebenangeboten, als wichtiges Werkzeug der innovativen öffentlichen Beschaffung, ist in den letzten Jahren rückläufig

Die Zulassung von Nebenangeboten gibt potenziellen Anbietern die Möglichkeit, innovative Lösungen, welche nicht explizit zu der häufig eng formulierten Leistungsbeschreibung passen, neben einer konventionellen Lösung trotzdem mitanbieten zu können. Diese Möglichkeit wurde potenziellen Anbietern 2013 noch in knapp 20% aller Ausschreibungen der Oberschwelle eingeräumt, im Jahr 2016 allerdings nur noch in weniger als 10% aller Ausschreibungen.

 

6. Teilbereiche der Digitalisierung des Beschaffungsprozesses (E-Procurement / E-Vergabe) wie die elektronische Auftragserteilung, die elektronische Rechnungsstellung und die elektronische Zahlung sind in der öffentlichen Beschaffungslandschaft wenig verbreitet

Sowohl die elektronische Auftragserteilung, die elektronische Rechnungsstellung als auch die Möglichkeit zur elektronischen Zahlung wurde im Jahr 2016 in weniger als 10% aller Ausschreibungen der Oberschwelle angeboten. Eine gemeinsame Anwendung der drei Technologien wird sogar nur in weniger als 1% der Fälle vorgefunden.

 

7. In Deutschland wird ein vergleichsweise großer Teil aller Ausschreibungen der Oberschwelle nicht vergeben

Die TED-Datenbank lässt mit ihrer Datenbasis einen Vergleich zwischen veröffentlichten Auftragsbekanntmachungen / Ausschreibungen sowie den Bekanntmachungen über letztendlich vergebene Aufträge zu. Es ist zu vermuten, dass Ausschreibungen ohne entsprechende Bekanntmachung letztendlich nicht bezuschlagt wurden.

In Deutschland liegt der Prozentsatz nicht vergebener Aufträge über die letzten Jahren zwischen 10-15%. EU-weit fällt diese Differenz weitaus geringer aus, da bspw. im Jahr 2016 nur 3,5% der Ausschreibungen nicht vergeben wurden. Ursachen nicht vergebener Aufträge können entweder Änderungen des eigenen Bedarfes oder unpassende bzw. keine Angebote sein.

 

8. Mind. 10% aller Ausschreibungen der Oberschwelle (ca. 3.200 Ausschreibungen pro Jahr) sind hochrelevant für die innovative öffentliche Beschaffung

Die in der TED-Datenbank hinterlegten CPV-Codes lassen eine Auswertung der beschafften Warengruppe zu. Auf dieser Basis wurde eine Zuordnung der Warengruppen sowie der dahinterstehenden Gesamtzahl an Ausschreibungen zu vier verschiedenen Innovationskategorien mit unterschiedlichem Innovationspotenzial durchgeführt (siehe Abbildung).

Das Analyseergebnis legt nahe, dass mehr als 10% aller Ausschreibungen der Oberschwelle ein hohes Innovationspotenzial besitzen und weitere 20-30% (ca. 6.500 bis 10.000 Ausschreibungen) ebenfalls relevant für die innovative öffentliche Beschaffung sind. Dieses Ergebnis bestätigt ähnliche Ergebnisse, welche auf Basis der KOINNO-Umfrage 2016 erzielt wurden.

 

9. In Deutschland ist eine erhebliche Zunahme von Beschaffungen im Dienstleistungsbereich zu verzeichnen

Seit 2013 ist der Anteil der Dienstleistungen an der Gesamtzahl aller Ausschreibungen von knapp 29% auf 36% kontinuierlich und signifikant angestiegen. Bezogen auf die Gesamtzahl der beschafften Dienstleistungen hat sich dieser Wert seit 2013 sogar fast verdoppelt.

Die dargestellte Entwicklung ist ein Indiz für eine Neuorientierung, weg von traditionellen Geschäftsmodellen und Beschaffungen, hin zu neueren Ansätzen wie der Auslagerung ursprünglich staatlich durchgeführter Aufgaben auf die Privatwirtschaft (Outsourcing).

Quelle: Forschungszentrum für Recht und Management öffentlicher Beschaffung (Universität der Bundeswehr München)