Laut einer Umfrage des Kompetenzzentrums innovative Beschaffung (KOINNO) aus dem Jahr 2016 existiert ein Professionalisierungsdefizit in der öffentlichen Beschaffung. 69% der Befragten haben angegeben, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht explizit für die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen ausgebildet sind.

Dieses – auf den ersten Blick – ernüchternde Ergebnis ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass es in Deutschland kein klares Berufsbild bzw. keine Ausbildung zur (öffentlichen) Einkäuferin bzw. zum (öffentlichen) Einkäufer gibt. In Kombination mit einer verstärkt strategischen Ausrichtung der Beschaffung wirft das die Frage auf, wie eine Beschaffungsorganisation in Zukunft aufgestellt sein muss und welche Kompetenzen die Mitarbeiter dafür benötigen?

Strategische Handlungsfelder als Grundlage der Organisationsstruktur

Grundlage für die Beantwortung dieser Frage ist - wie so oft - die strategische Zielsetzung der Beschaffungsorganisation. Aus dieser lassen sich Handlungsfelder ableiten, in denen die Beschaffung zukünftig aktiv sein möchte. Je nach Zielsetzung können diese Handlungsfelder natürlich variieren. Grundsätzlich wird man sich aber, um innovativ und zukunftsfähig aufgestellt zu sein, unter anderem mit folgenden strategischen Themen befassen müssen:

  • Warengruppenmanagement
  • Risikomanagement
  • Einkaufscontrolling/Erfolgsmessung
  • Innovationsmanagement
  • Lieferantenmanagement

Diese Beispiele geben bereits eine Indikation, wie die Beschaffung in Zukunft organisiert und welche Aufgaben bzw. Funktionen im Organigramm vorhanden sein sollten. Aus den definierten Handlungsfeldern ergibt sich auch eine erste Antwort auf die Frage, welche Kompetenzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen.

Basics alleine reichen in der strategischen Beschaffung nicht aus

Die voranschreitende strategische Ausrichtung vieler Beschaffungsstellen bedingt, dass sich in Zukunft auch die Aufgaben der öffentlichen Einkäufer verändern werden. Diese werden weniger von operativen, sondern immer mehr von strategischen Tätigkeiten geprägt sein.

Unklar ist oft, welche Kompetenzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Ausübung dieser Tätigkeiten benötigen. Zunächst einmal gibt es Basis-Kompetenzen, die für alle öffentlichen Beschafferinnen und Beschaffer relevant sind – unabhängig von der Hierarchiestufe oder vom Aufgabenschwerpunkt.

Dazu zählen beispielsweise

  • Kenntnisse des Vergaberechts
  • Betriebswirtschaftliche Kenntnisse
  • Kenntnisse des Beschaffungsprozesses.

Sind diese Grundsteine gelegt, kann darauf aufgebaut werden. Ebenfalls unabhängig vom Aufgabenschwerpunkt sollten die Einkäuferinnen und Einkäufer Kompetenzen zur Beschaffung innovativer Produkte und Dienstleistungen mitbringen bzw. erwerben. Konkret bedeutet dies, dass sie die Elemente für einen innovativen Beschaffungsprozess kennen sollten sowie Methoden und Instrumente zur Beschaffung von Innovationen. Kompetenzen im Vertrags- und Projektmanagement sind ebenfalls hilfreich.

Welche Kompetenzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerdem noch mitbringen müssen, hängt ab von deren Aufgabenschwerpunkt. Beschafferinnen und Beschaffer mit Warengruppenverantwortung sollten wissen, welche Produkte bzw. Dienstleistungen in „ihrer“ Warengruppe tatsächlich innovativ sind. Dazu sind – je nach Warengruppe – technisches Wissen und Kenntnisse über den Beschaffungsmarkt notwendig. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die oft in Projekten mitarbeiten, benötigen stattdessen gute Projektmanagement-Skills.

Doch wie können die benötigten Kompetenzen am besten erworben werden?

Neue Formate und Methoden für ein umfassendes Weiterbildungskonzept

Klassische Präsenzseminare sind allen bekannt und wurden vermutlich auch von den meisten Beschafferinnen und Beschaffern schon einmal besucht. Trotz starker Digitalisierungs-Tendenzen macht dieses Format nach wie vor durchaus Sinn – vor allem, wenn es um die Vermittlung von den oben aufgeführten Basis- und Grundlagenkenntnissen geht.

Doch wie erwirbt man Warengruppen-Expertise und Marktwissen? Wie lernt man die Anwendung innovativer Methoden oder Vergabeinstrumente? Und wie verbessert man seine Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeit?

An dieser Stelle wird deutlich, dass das Weiterbildungsangebot nicht nur um neue Themen und Inhalte erweitert werden muss, sondern auch um neue Formate, wie beispielsweise

  • Online-Trainings
  • Interaktive Workshops
  • Coaching
  • Besuch von Netzwerkveranstaltungen
  • Teilnahme an Arbeitskreisen
  • Case Studies.
  • Publikationen (Bücher, Whitepaper, Leitfäden, …)

Dieser Mix an Inhalten und Formaten, kombiniert mit einer regelmäßigen Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs für jede einzelne Mitarbeiterin/jeden einzelnen Mitarbeiter (Soll-Ist-Vergleich) ergibt ein umfassendes Weiterbildungskonzept, mit dem eine Professionalisierung in der öffentlichen Beschaffung gelingen kann.

 

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