
Die öffentliche Beschaffung spielt eine zentrale Rolle bei der Gestaltung einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen von über 350 Milliarden Euro besitzt der öffentliche Sektor nicht nur erheblichen wirtschaftlichen Einfluss, sondern auch die Verantwortung, diesen strategisch einzusetzen. Dabei rücken zwei Themen zunehmend in den Fokus: Nachhaltigkeit und Innovationskraft.
Beide Aspekte sind eng miteinander verknüpft. Nachhaltige Beschaffung erfordert neue Denkweisen, Technologien und Prozesse – sie ist ohne innovative Lösungen kaum umsetzbar. Umgekehrt kann die öffentliche Hand durch gezielte Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen Innovationsprozesse in Wirtschaft und Forschung maßgeblich stimulieren und damit aktiv zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Der öffentliche Einkauf wird somit zur Triebfeder für Transformation und Fortschritt.
Vor dem Hintergrund der wachsenden ökologischen und sozialen Herausforderungen steht die öffentliche Hand in Deutschland zunehmend in der Pflicht, ihre Beschaffungspraxis nachhaltiger auszurichten. ESG-Ziele, also in den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Organisationsführung (Governance) gewinnen auch im öffentlichen Einkauf mehr und mehr an Bedeutung.
Während bei komplexeren Vergaben nachhaltige Kriterien über das Leistungsverzeichnis abgebildet werden können und mit den Instrumenten der Markterkundung identifiziert werden, ist es bei den alltäglichen Beschaffungen oft schwieriger, die Nachhaltigkeit eines Produkts schnell zu erkennen und zu berücksichtigen.
Nachhaltigkeit bei Standardprodukten
Standardprodukte wie Computer, Bleistifte, Reinigungsprodukte, Leuchtmittel und Druckerpapier werden im öffentlichen Sektor jährlich millionenfach eingekauft. Für jede Beschaffung steht oft eine Vielzahl vergleichbarer Artikel zur Auswahl und ein zentrales Kriterium wird meist wenig berücksichtigt: die Nachhaltigkeit.
Während Preis, Lieferzeit und Farbe einfach digital filterbar sind, fehlen klare, vergleichbare Nachhaltigkeitskennzahlen. Das führt dazu, dass trotz bester Absichten und wachsender Regulatorik die Nachhaltigkeit im Beschaffungsprozess von Standardprodukten eine untergeordnete Rolle spielt.
Die Ausgaben für Standardprodukte erscheinen auf den ersten Blick gering – aber ihre Häufigkeit summiert sich auf bedeutsame Beträge. Meistens fehlt es an Zeit und Ressourcen, für jedes Produkt individuelle Nachhaltigkeitsbewertungen vorzunehmen. Benchmarkings wären theoretisch sinnvoll, sind im Alltagsgeschäft aber oft zu aufwändig. Ein Beispiel, wie dieses Kriterium bei Standardprodukten mit einer Kennzahl für die Nachhaltigkeit eines Produkts an Stellenwert gewinnt, soll hier erläutert werden.
Der sogenannte ESG Score von ESG-Score.org ermöglicht eine transparente, faktenbasierte und nachvollziehbare Bewertung der Nachhaltigkeit von Produkten und schafft so eine Vergleichbarkeit von alltäglichen Beschaffungsgegenständen.
Jedem Produkt wird ein numerischer Wert zugeordnet, der Nachhaltigkeitswert. Dadurch können Standardprodukte in digitalen Katalogen anhand ihrer Nachhaltigkeit sortiert werden und durch die Orientierung an etablierten Nachhaltigkeitszertifikaten ist die Einschätzung dieser Produkte unabhängig von den anbietenden Unternehmen möglich.
Die alltäglichen Beschaffungsgegenstände werden zunächst Kategorien zugeordnet. Für jede Produktkategorie werden die spezifischen Nachhaltigkeitsdaten anhand von Bewertungskriterien ausgewertet, die sich an internationalen Nachhaltigkeitsstandards orientieren. Innerhalb jeder Produktkategorie wird eine höchste erreichbare Punktzahl identifiziert – als Vergleichswert.
Die Berechnung des ESG Scores eines Produkts erfolgt dann über den prozentualen Anteil seiner Punktzahl im Verhältnis zur Höchstpunktzahl in der Kategorie. Hat ein Produkt zum Beispiel 75 von maximal 100 erreichbaren Punkten, beträgt sein ESG Score: 75.
Wissenschaftlich fundierte Bewertungskriterien für nachhaltige Beschaffung
Die Grundlage des ESG Score-Systems bildet ein Set wissenschaftlich fundierter Bewertungskriterien. In einem systematischen Analyseprozess werden die Vergaberichtlinien etablierter Ökolabels wie dem Blauen Engel, EPEAT und TCO Certified evaluiert. Aus dieser Analyse entsteht ein umfassender Hauptkatalog von Bewertungskriterien.
Für jede Produktkategorie wird auf dieser Basis eine sogenannte Inventarliste erstellt. Ein interdisziplinäres Scoring-Team entscheidet anhand dieser Inventarliste, welche Kriterien für die jeweilige Produktkategorie zur Anwendung kommen. So entsteht ein fundierter, anwendungsbezogener Kriterienkatalog, der den spezifischen Nachhaltigkeitsherausforderungen einzelner Produktgruppen gerecht wird.
Die Gewichtung der einzelnen Kriterien richtet sich nach bestimmten Parametern wie Relevanz für soziale Gerechtigkeit oder Kreislaufwirtschaft, die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft und dem Auftreten im Lebenszyklus eines Produkts. Hier geht es etwa um alle relevanten Substanzen, wie z. B. Blei, Stoffgruppen siehe die RoHS-Richtlinie [Restriction of Hazardous Substances], Risikothemen wie Kinderarbeit sowie produktspezifische Eigenschaften wie Recyclingfähigkeit.
ESG Score für Beschaffende im öffentlichen Einkauf – Ihre Vorteile
Der ESG Score ermöglicht eine schnelle, datenbasierte Identifikation nachhaltiger Produkte im Beschaffungsprozess. So können Beschaffende oder Bedarfsträgerinnen und Bedarfsträger die Produkte nach ESG Score sortieren und filtern, die zugrunde liegenden Bewertungskriterien und Nachhaltigkeitsdaten sind dabei vollständig einsehbar. Im Rahmen der strategischen Einkaufsvorgaben wird damit die eigene nachhaltige Beschaffungsleistung messbar und somit nachweisbar.
Das Scoring wird immer wieder aktualisiert, sodass auch für die Anbieterseite der Anreiz besteht, den Nachhaltigkeitsaspekt der Standardprodukte zu verbessern, um im Ranking zu steigen. Die Erstellung des ESG Scores erfolgt unabhängig, es werden keinerlei kommerzielle Interessen an den bewerteten Produkten verfolgt.
Fazit: Nachhaltigkeit messbar machen
Die nachhaltige Transformation öffentlicher Beschaffung beginnt mit Transparenz. Der ESG Score liefert ein unabhängiges Werkzeug, das Standardprodukte in Bezug auf die Nachhaltigkeit anhand einer Kennzahl messbar und dadurch vergleichbar macht. So kann mit einer innovativen Änderung des Beschaffungsprozesses ein Schritt hin zur Entwicklung einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft erfolgen.
Für die Einkaufenden in den öffentlichen Häusern soll es einfach und praktikabel sein, eine fundierte nachhaltige Kaufentscheidung zu treffen. Wenn dann statt analoger Beschaffungsabläufe eine Digitalisierung im Sinne des eEinkaufs die Handhabung quasi auf Knopfdruck ermöglicht, werden Nachhaltigkeit und Innovationskraft gemeinsam gedacht.
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