
Die Digitalisierung der Beschaffung – etwa durch E-Procurement, E-Marktplätze und durchgängig digitale Prozesse – ist für öffentliche Auftraggeber aktueller denn je. Um sie erfolgreich umzusetzen, müssen bestehende Abläufe analysiert, optimiert und in digitale Lösungen überführt werden. Eine zentrale Herausforderung liegt dabei in der Auswahl, Einführung und Integration geeigneter Systeme – sowie in der aktiven Einbindung und Schulung der Bedarfsträger.
Beschaffungsverantwortliche stehen dabei vor der Herausforderung, den digitalen Wandel vor dem Hintergrund komplexer Märkte und knapper Budgets aktiv zu gestalten . Innovative, KI-gestützte E-Lösungen versprechen hierfür schnellere, transparentere und effektivere Prozesse – werfen aber auch Fragen zur Anwendung, Zuverlässigkeit und dem rechtlichem Rahmen auf. Diese Fragen wurden in der Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Michael Eßig von der Universität der Bundeswehr München und weiteren Expertinnen und Experten aus dem Beschaffungswesen erörtert.
Intelligente Beschaffung – So unterstützt KI die Erstellung von Leistungsverzeichnissen
In einem spannenden Praxisbericht wurde gezeigt, wie ein öffentlicher Auftraggeber erfolgreich eine spezialisierte Version von ChatGPT in der Beschaffung einsetzte. Die KI war mit über 30.000 Terms of References („ToR“ / Leistungsverzeichnissen) trainiert und kam gezielt bei der Erstellung neuer ToRs zum Einsatz. Ziel war es, Effizienzpotenziale auszuschöpfen, die Qualität der Ausschreibungsunterlagen zu steigern und erste praktische Erfahrungen im KI-gestützten Beschaffungsprozess zu sammeln.
Der Programmpunkt bot exklusive Einblicke in den Projektverlauf, die Herausforderungen bei der Einführung der Technologie sowie die Erkenntnisse, die aus der Anwendung gewonnen wurden. Deutlich wurde: Künstliche Intelligenz kann nicht nur entlasten, sondern auch neue Standards in der öffentlichen Beschaffung setzen.
Wie und von wem kauft der Staat?
Innovative öffentliche Beschaffung ist ein zentraler Hebel für die digitale Transformation des Staates. Durch die gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge an innovative Unternehmen können moderne, digitale Lösungen schneller in Verwaltung und öffentliche Infrastruktur integriert werden. So wird nicht nur technologische Innovation gefördert, sondern auch ein Kulturwandel hin zu mehr Agilität, Effizienz und Nutzerorientierung in der Verwaltung unterstützt.
Schlüsselerkenntnis: Digitale Transformation beginnt oft schon mit der Frage, wie und von wem der Staat einkauft.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für innovative öffentliche Beschaffung ist die systematische Markterkundung. Sie ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, frühzeitig Einblick in neue technologische Entwicklungen, Markttrends und mögliche Lösungsansätze zu gewinnen – bevor ein Vergabeverfahren gestartet wird. Gerade in der digitalen Transformation, wo sich Technologien rasant entwickeln, ist es essenziell, den Markt zu kennen und in einen offenen Dialog mit Anbietern, Startups und Forschungseinrichtungen zu treten. So können Bedarfe präziser formuliert, innovative Ansätze erkannt und überholte Standardlösungen vermieden werden.
Markterkundung fördert nicht nur Innovation, sondern reduziert auch Risiken im Vergabeprozess. Sie hilft, unrealistische Anforderungen zu vermeiden, die Teilnahme innovativer Anbieter zu erhöhen und maßgeschneiderte Lösungen zu finden, die tatsächlich zur digitalen Modernisierung beitragen.
Markterkundung mit dem KOINNOvationsplatz!
In diesem zentralen Programmpunkt wurde der KOINNOvationsplatz vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Plattform, auf der Mitarbeitende aus dem öffentlichen Sektor – egal ob aus der Verwaltung, der Politik oder von Vergabestellen – aktuelle Herausforderungen als sogenannte „Challenges“ einstellen können. Es geht darum, clevere und neue Ideen zu finden – selbstverständlich im Rahmen bestehender vergaberechtlicher Regeln und Budgetgrenzen.
Die Herausforderungen werden öffentlich auf der Plattform geteilt, sodass interessierte Unternehmen sie einsehen können. Gleichzeitig unterstützt KOINNO aktiv und spricht gezielt passende Unternehmen an und lädt sie zur Teilnahme ein. Die Unternehmen können dann ihre Ideen und Ansätze in einem kurzen Pitch vorstellen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können später in die Ausschreibung einfließen – müssen es aber nicht unbedingt.
Kurz gesagt: Wer innovativ beschaffen will, muss zuerst den Markt verstehen.
Die Markterkundung ist daher kein optionaler Schritt – sie ist die strategische Grundlage für eine zukunftsorientierte, digitale Verwaltung!